Geologie auf Etusis

Rund um Karibib


Ein Bericht von Diplom-Geologin Nicole Grünert, Terra Africana Safaris (Pty) Ltd

Die Geologie rund um die Ortschaft Karibib wird im wesentlichen durch damarazeitliche Gesteine charakterisiert. Darüberhinaus gibt es in der Region mit dem Abbabis-Metamorphit-Komplex auch sehr alte Formationen zu betrachten. Weitere, extreme Formen der Granit-Verwitterung sind ein Eldorado für Fotografen und Landschaftsliebhaber.

Die geologische Entwicklung der Karibib-Region begann vor ca. 2 Mrd Jahren. Zu dieser Zeit formte sich ein Gesteinszug, dessen Überreste sich noch heute von Walvis Bay in nordöstlicher Richtung bis hinter Karibib erstrecken und der als Abbabis-Metamorphit-Komplex bezeichnet wird.

Der Abbabis-Komplex blieb für Jahrmillionen bis zum Einsetzen des Damara-Zeitalters vor ca. 900 Mio Jahren stabil. Zu Beginn dieses so bedeutsamen geologischen Abschnitts bildeten sich in Zentral-Namibia zwei kontinentale Gräben aus, die als Sedimentationsbecken für Abtragungsmaterial aus den umliegenden Hochländern, wie dem Abbabis-Komplex dienten. Ablagerungen dieser Zeit, die auch in anderen Landesteilen zu finden sind, werden als Nosib-Gruppe zusammengefasst. Der Gesteinsschutt in den Gräben setzte sich im wesentlichen aus fluviatilen (von Flüssen abgelagerten) Sandsteinen und Konglomeraten zusammen, die wahrscheinlich unter semi-ariden klimatischen Bedingungen (daher die rote Farbe der Gesteine) abgelagert wurden. Durch Metamorphose wurden diese Sedimente während der Damara-Gebirgsbildung vorwiegend in Quarzite umgewandelt, die heute als Etusis-Formation bezeichnet werden. Aufgrund starker tektonischer Aktivitäten längs der Grabenschultern während der Etusis-Zeit kam es zum Ausbruch quarzreicher Vulkanite, deren Überreste vereinzelt am südlichen Grabenrand zu finden sind.

Aufgrund weiterer tektonischer Absenkung gelangte das Gebiet grossräumig unter marinen Einfluss und Gesteine der sogenannten Swakop-Gruppe kamen zur Ablagerung. Diese sind heute in grosser Vielfalt in Form unterschiedlichster metamorpher Gesteine überliefert.

Auch Ablagerungen der Snowball-Earth Periode sind im Raum Karibib zu finden. Diese beinhalten sowohl die Gesteine der Chuos-Formation (1. Vereisung vor etwa 730 Mio Jahren), als auch glaziale Sedimente der Ghaub-Formation, die während der 2. Vergletscherung der Erde vor ca. 635 Mio Jahren entstanden.

Nach dem Abschmelzen der weltweiten Gletscher entwickelte sich rund um Karibib eine  Schelf-Plattform, auf der die mächtigen Karbonate der Karibib-Formation abgelagert wurden. Während der anschliessenden Damara-Gebirgsbildung wurden diese in Marmore umgewandelt und bilden heute den Grundstock für eine intensive Naturstein-Industrie in der Region. Weiter südlich verzahnen sich die Karibib-Marmore meist mit sogenannten Kalk-Silikaten (mit Sand und Ton verunreinigte Marmore). Diese haben sich hier aufgrund der speziellen tektonischen Position längs eines Kontinental-Abhangs ausgebildet und werden der zeitgleich entstandenen Tinkas-Formation zugerechnet.

Südlich des Kontinental-Abhangs lief während der gesamten Damara-Zeit eine völlig andere geologische Entwicklung ab. Dort bildete sich ein tiefes Meeresbecken, der sogenannte Khomas-Trog aus, in dem über Millionen von Jahren tonreiche Sedimente zur Ablagerung kamen. Diese wurden während der Damara-Gebirgsbildung in Glimmerschiefer umgewandelt und werden heute als Kuiseb-Formation bezeichnet. Gesteine aus dieser Zeit dominieren die Geologie um Windhoek und des angrenzenden Khomas-Hochlands, sind aber auch im Gebiet um Karibib anzutreffen.

Die Entwicklung des Tiefsee-Beckens vollzog sich südlich einer sehr markanten geologischen Grenze, die als Okahandja-Lineament bezeichnet wird. Das Okahandja-Lineament, welches auf Satellitenbildern über mindestens 530 km in nordöstlicher Richtung zu verfolgen ist, stellt eine der bedeutendsten geologischen Grenzlinien des Dmiamara-Zeitalters dar. Es bildet die Naht zwischen der Zentralen Zone und der Südlichen Zone des Damara-Gebirges, entlang derer strukturelle, tektonische und sedimentologische Veränderungen deutlich werden. Südlich dieser tiefreichenden Schwächezone, die schon während der Damarazeit aktiv war, senkte sich der Tiefseegraben des Khomas-Trogs ab, während sich die südliche Zentral-Zone, die durch Schelf-Sedimentation charakterisiert war, weiter anhob. Im Tiefsee-Bereich des Khomas-Trogs kamen fast nur die Glimmerschiefer der Kuiseb-Formation zur Ablagerung.

Während und kurz nach Abschluss der Damara-Gebirgsbildung wurde der frisch gebildete Gebirgszug von mehr als 200 Magmenkörpern, meist Granit-Plutonen durchdrungen. Dieser Granit-Aufstieg führte zur Bildung von Dom-Strukturen, bei denen die auflagernden Gesteine durch die Granite nach oben gestemmt wurden. Dies hatte zur Folge, dass heute noch zahlreiche alte Grundgebirgsaufbrüche, wie der Abbabis-Komplex zu finden sind, da auch sie von dieser Aufdomung angehoben wurden. Pegmatit-Gänge, die mit diesen Granit-Intrusionen in Verbindung stehen, drangen in die damarazeitlichen Gesteine ein und sind an vielen Stellen aufgeschlossen. Da diese Pegmatite häufig reich an Halb-Edelsteinen und Industrie-Mineralen sind, fand und findet in der Region ein reger Kleinbergbau auf diese Schätze statt.

Nach Abschluss der Damara-Gebirgsbildung vor ca. 460 Mio Jahren unterlag das Gebiet im wesentlichen der Abtragung. Alle weiteren jüngeren geologischen Ereignisse hinterliessen keine markanten Spuren, abgesehen von den gewaltigen vulkanischen Ausbrüchen des Erongos während der Post-Karoo Zeit . Zu dieser Zeit sind auch die Dolerit-Gänge entstanden, welche die damarazeitlichen Gesteine im Raum Karibib vereinzelt durchschlagen haben.

3.3.1    Etusis Lodge

Die Etusis Lodge ist ca. 36 km südlich von Karibib gelegen. Biegen Sie in der Ortschaft auf die C 32 ab. Nach ca. 20 km ist die Abzweigung zur Lodge ausgeschildert. Von dort sind es noch 16 km.

Das Gelände dieses privaten Naturschutzgebietes umfasst eine Fläche von 21.000 ha und besteht aus den Farmen Etusis, Habis und Neikhoes. Die Landschaft wird durch die Otjipatera-Berge dominiert. Dieser bis zu 1989 m hohe Bergzug wird aus roten Gesteinen der Etusis-Formation aufgebaut. Diese treten auf Etusis so häufig und in besonders charakteristischer Form auf, dass der Farmname Pate für die gesamte Formation wurde. Die insgesamt bis zu 3350 m mächtige Gesteinsabfolge besteht im wesentlichen aus geschichteten, hell-rot bis braun-gräulichen, feldspatreichen Quarziten. Dazwischen treten Paragneise, Biotit-Schiefer und Konglomerate auf. Die Gesteinsvielfalt der Etusis-Formation kann der aufmerksame Beobachter besonders gut am „Wasserfall“ auf Etusis studieren .

 

 

 

Abbildung 3.34: Die roten Quarzite der Etusis-Formation bauen die steilen Felswände des Wasserfalls auf

Die geologische Entwicklung von Etusis begann allerdings schon lange vor Ablagerung der Damara-Gesteine, denn auch Überreste des uralten Abbabis-Metamorphit-Komplexes sind während einer Rundfahrt auf dem Lodge-Gelände zu bewundern. Eine exakte altersmässige Einordnung ist allerdings schwer zu ermitteln. Durch die metamorphen Vorgänge während der Damara-Zeit kam es zu einer Überprägung des ursprünglichen radiometrischen Alters der Abbabis-Gesteine. Alters-Datierungen deuten jedoch auf eine Enstehung vor mehr als 2 Mrd Jahren hin. Diese damit zu den ältesten Gesteinen Namibias zählenden Überreste bestehen im wesentlichen aus unterschiedlichen Gneissarten, Quarziten und anderen hochmetamor-phen Gesteinen.

Die Abbabis-Gesteine sind vorwiegend im Gebiet der Etusis Lodge auf der Nachbarfarm Habis zu finden, die mit Etusis zu einem privaten Naturreservat zusammengeschlossen ist. Dort sind sogenannte Augen-Gneisse der Abbabis-Zeit weit verbreitet. Die „Augen“ werden aus grossen Feldspat-Kristallen gebildet, die während der Metamorphose „gesprosst“ sind.
Falls eine Farmrundfahrt, an der Sie auf Etusis teilnehmen können, nicht bis in diese abgelegene Ecke der Farm gehen sollte, haben Sie die Möglichkeit die Augengneise auch auf eigene Faust bei Ihrer An- bzw. Abreise zu entdecken. Vorkommen dieser uralten Gesteine sind an der Kreuzung der C 32 mit der D 1952 auf Ihrem Weg zur Etusis Lodge zu finden.

Besonders interessante Gesteine auf Etusis, welche der Snowball-Earth Periode angehören, sind längs des Klippspringer-Weges zu bewundern. Dort finden Sie verschieden grosse, meist aus Karbonat bestehende Gerölle, die unregelmässig in einer grünlichen, feinen Matrix eingebettet sind. Dabei handelt es sich um sogenannte Dropstones (Abb. 3.38). Diese Gesteinsfragmente waren einst an Treibeis festgefroren und weit auf das Damara-Meer hinausgetrieben, bevor sie durch Abschmelzen des Eises auf den Meeresboden sanken und in die dortigen, feinen Meeressedimente eingebettet wurden. Die parallele Einregelung und Steckung der hellen Gerölle entstand während der Damara-Gebirgsbildung durch die damals herrschenden Druck-Bedingungen. Die glazialen Ablagerungen auf Etusis sind Teil der Ghaub-Formation, und somit während der Vergletscherung der Erde vor etwa 635 Mio Jahren entstanden.


Abb. 3.38: Dropstones der Ghaub-Formation (2. Snowball Earth-Periode) auf Etusis

Auch für den geologisch nicht vorgebildeten Besucher zählen auf Etusis die Marmore der Karibib-Formation zu den auffälligsten Gesteinen. Diese interessanten Gesteine entstanden durch eine weiträumige Transgression (Meeresüberflutung) nach dem Abschmelzen der Gletscher der Ghaub-Vereisung und bildeten vor mehr als 600 Mio Jahren eine grosse Karbonat-Plattform im südlichen Schelfbereich des Kongo-Kratons. Durch intensive Metamorphose während der Damara-Gebirgsbildung wurden die Karbonate in Marmore umgewandelt. Direkt bei der Lodge, oder aber auf dem Weg zum Wasserfall zeigen kleine Probeanschnitte die glatten, angeschliffenen Wände, die an ein unfertiges Badezimmer erinnern (Abb. 3.39).

Abb. 3.39: Kleiner Probeanschnitt im Marmor der Karibib-Formation
Auf der Nachbarfarm Habis kann ein im Abbau befindlicher Marmor-Steinbruch besichtigt werden. Dieser Besuch ist allerdings durch das Personal der Etusis Lodge vorab zu regeln. In dem, von den Marmorwerken Karibib betriebenen Bruch können Sie zahlreiche, zum Abtransport bereitliegende Marmor-Blöcken sehen, deren Einzelgewicht häufig mehr als 15 t beträgt (Abb. 3.40). Ebenfalls bieten sich Einblicke in die Technik des Steinbau-Beriebs. Besuche auf eigene Faust sind nicht erwünscht und verstossen gegen das Zutrittsrecht.


Abb. 3.40: Geschnittene grosse Marmorblöcke liegen zum Abtransport bereit

Ebenfalls lohnenswert ist auch ein Blick auf die interessanten, äusseren Verwitterungsstrukturen der Marmorwände (Abb. 3.41). Da Marmore genau wie Kalke und Dolomite aus dem Mineral Calcit, bzw. Dolomit aufgebaut werden, unterliegen auch sie den Vorgängen der Karbonat-Verwitterung (siehe Kapitel 7.1.2). Dabei werden die Gesteine durch leicht saure Niederschlagswässer angegriffen, was häufig zur Bildung skuriler Verwitterungsmuster führt. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass im Marmor ähnliche Verwitterungsformen anzutreffen sind, wie in Kalk- bzw. Dolomit-Gesteinen.


Abb. 3.41: Durch Karbonat-Verwitterung angegriffener Marmorzug

Auch haben magmatische Vorgänge der Damara-Zeit auf Etusis ihre Spuren hinterlassen. Als typische Vertreter von Intrusiv-Gesteinen treten hier zahlreiche Granit-Pegmatite auf. Diese sind Produkte der späten Abkühlungsphase von Granit-Plutonen. Sie stellen verfestigte Gesteinsschmelzen dar, die bei Temperaturen zwischen 400 und 700° Celsius in einem ungewöhnlichen gas-flüssigem Zustand als Gänge in das umgebende Gestein gepresst wurden. Da die „typischen“ chemischen Elemente im Granit bereits erstarrt waren, enthalten die Pegmatite oft seltene Elemente. Diese begehrten Erze (z.B. Cäsium-, Beryllium- und Lithium-Erz) und Edelsteine (z.B. Turmalin, Aquamarin) reichern sich dann in diesen Pegmatiten an.

Auf Etusis befinden sich mehrere Glimmer-Vorkommen, die an diese Pegmatit-Gänge gebunden sind und die für industrielle Zwecke abgebaut wurden. Dabei handelt es sich in erster Linie um den hellen Muskovit-Glimmer, der insbesondere in der Elektronik und als hochfeuerfester Wärme-Isolator eingesetzt wird. Im Nordosten der Farm kommt auch der lithium¬haltige Glimmer Lepidolith vor, der als Lithium-Erz verwendet wird und als solches für die Herstellung von Spezialmetal-Werkstoffen, z.B. für die Luftfahrt, von großer Bedeutung ist. Zudem findet Lepidolith auch in der Glas- und Keramik-Industrie Verwendung. Neben den an Pegmatite gebundenen Erzvorkommen treten auch geringe Mengen Kupfererz in den roten Etusis-Quarziten auf. Alle Abbautätigkeiten auf Etusis sind allerdings schon lange eingestellt, zur Freude von Mineraliensammlern, die auf den alten Halden noch ein paar schöne Kristalle entdecken können (Abb. 3.42).

Abb. 3.42: Mineralienfundstellen auf Etusis

Neben zahlreichen Granit-Intrusionen, die wie in vielen Landesteilen auch auf Etusis zu finden sind, tritt auf Etusis ein viel selteneres Pluton-Gestein auf, der Gabbro. Vielleicht werden dem aufmerksamen Besucher längs des Zufahrtsweges zur Etusis Lodge schon die grün-schwarzen Gesteine aufgefallen sein, die sich in kleinen Ablaufrinnen angesammelt haben. Bei der Farmrundfahrt stechen diese Gesteine dann in Form zahlreicher, dunkler Kuppen zwischen den typischen „Granit-Koppies“ auf den Flächen von Etusis deutlich ins Auge.

Der Gabbro entspricht chemisch dem Basalt. Letzterer erstarrt schnell als Erguss-Gestein durch vulkanische Tätigkeit oberhalb der Erdoberfläche, während sein unterirdischer Vertreter, der Gabbro in grossen Tiefen in der Erdkruste langsam abkühlt. Wie auch die Granite von Etusis, sind die Gabbros während der Damara-Gebirgsbildung aufgestiegen. Die Gabbros werden stratigraphisch als Neikhoes-Gabbros bezeichnet. Sie bilden eine offene Ringstruktur von ca. 4 km Durchmeser, die auf den südlichen Flächen von Etusis durch zahlreiche dunkle Kuppen gut auszumachen ist.

Anhand geochemischer Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Schmelzen der Gabbros aus grosser Tiefe, vermutlich sogar aus dem oberen  Erdmantel stammen. Von allen bekannten, mehr als 200 unterschiedlichen damarazeitlichen Plutonen sollen sie mit als erste während einer frühen Phase der Damara-Gebirgsbildung aufgestiegen sein. Sie sind somit jünger, als die zahlreichen Granit-Plutone, welche weite Teile Zentral-Namibias charakterisieren. Da auch die Gabbros nach den gleichen Gesetzmässigkeiten wie Granite abkühlen, zeigen auch sie ähnliche Verwitterungserscheinungen. Daher sind an den Gabbro-Kuppen von Etusis die gleichen Verwitterungsformen zu finden, die sonst für Granite typisch sind.

Granitische Gesteine sind auch auf Etusis zu finden. Hier bilden sie nicht nur die landestypischen Kuppen aus, sondern sind auch für ein weiteres, sehr markantes geologisches Merkmal verantwortlich, die Otjipatera-Berge. Diese fast 2000 m hohe Landmarke entstand durch eine sogenannte Aufdomung. Erst durch die beim Aufstieg eines mächtigen Granitplutons wirkenden Kräfte unterhalb des Bergrückens, konnten die ehemals flachlagernden damarazeitlichen Sedimente angehoben werden und sich zu dem mächtigen Bergzug auftürmen. Noch heute zeugt die deutliche Schrägstellung der Gesteine, die besonders am „Wasserfall“ erkennbar ist (Abb. 3.44), von den enromen geologischen Kräften, die zu dieser Aufdomung geführt haben.

Abb. 3.44: Die Schrägstellung der Gesteinslagen am „Wasserfall“ wurde durch die Aufdomung hervorgerufen